Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21.04.2022 (10 LC 247/20) festgestellt, dass die dort klagende Betreiberin einer Biogasanlage nicht stets zur Vorhaltung eigener Lagerkapazitäten für die Gärrückstände verpflichtet ist. In dem Fall, dass die Gärrückstände das betriebliche Fassungsvermögen der Biogasanlage übersteigen, genügen es, wenn die Biogasanlagenbetreiberin die düngerechtliche konforme landwirtschaftliche Verwertung der Gärreste durch vertragliche Vereinbarungen mit Dritten sicherstelle.
Hintergrund des Verfahrens ist der Umstand, dass die Klägerin eine Biogasanlage betreibt, ohne über eigene Aufbringungsflächen für die bei dem Betrieb der Biogasanlage anfallenden Gärrückstände zu verfügen.
Nach der im Jahr 2017 erfolgten Änderung der Düngeverordnung wird in deren § 12 Abs. 3 festgelegt, dass Biogasanlagenbetriebe, die Gärrückstände erzeugen und über keine eigenen Aufbringungsflächen verfügen, ab dem 01.01.2020 sicherzustellen haben, dass sie mindestens die in einem Zeitraum von neun Monaten anfallenden Gärrückstände sicher lagern können, wenn sie diese im Betrieb verwenden oder an andere zu Düngezwecken abgeben. In § 12 Abs. 5 DüV heißt es weiter: „Soweit der Betrieb, in dem die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Stoffe anfallen, nicht selbst über die nach den Absätzen 1 bis 4 erforderlichen Anlagen zur Lagerung verfügt, hat der Betriebsinhaber durch schriftliche vertragliche Vereinbarung mit einem Dritten sicherzustellen, dass die das betriebliche Fassungsvermögen übersteigende Menge dieser Stoffe überbetrieblich gelagert oder verwertet wird.“
Die Klägerin ist – anders als die dort beklagte Landwirtschaftskammer Niedersachsen – der Auffassung, dass „Verwertung“ im Sinne des § 12 Abs. 5 DüV auch die überbetriebliche landwirtschaftliche Verwertung, insbesondere durch eine Verwendung als Düngemittel umfasse. Deshalb hat sie bereits im Oktober 2018 vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg Klage erhoben.
Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht der Klägerin nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Seine Entscheidung hat das Verwaltungsgericht insbesondere darauf gestützt, dass nur eine Verwertung, bei der die Gärrückstände nicht zum Zwecke der Düngung verwendet würden, den Zielen der Vorschrift, dem Boden- und Gewässerschutz, gleichermaßen gerecht werde.
Das OVG hat dieses Urteil nun geändert und dem Feststellungsbegehren der Klägerin entsprochen. Dass die Verwertung durch Dritte im Sinne des § 12 Abs. 5 DüV auch eine landwirtschaftliche Nutzung von Gärrückständen als Düngemittel umfasse, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Sofern der Verordnungsgeber die Verwertungsmöglichkeiten durch Dritte hätte einschränken wollen, hätte er dies bei der Ausgestaltung der Norm zum Ausdruck bringen müssen. Aufgrund der konkreten Formulierung des § 12 Abs. 5 DüV habe der Anlagenbetreiber allerdings vertraglich sicherzustellen, dass die Verwertung auch entsprechend den Vorgaben der Düngeverordnung erfolgen werde. In diesem Fall würden die Ziele der Düngeverordnung ebenfalls erreicht werden können.
Das OVG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Da es sich bei der Düngeverordnung um eine bundesweit geltende Regelung handelt, könnte der vom Senat beantworteten Rechtsfrage nicht nur für Niedersachsen, sondern bundesweit Bedeutung für den Betrieb von Biogasanlagen zukommen.