Das BVerwG hat mit Beschluss vom 04.02.2022 (8 B 36.21), der jetzt veröffentlicht worden ist, ausweislich des Leitsatzes des Gerichtes entschieden: „Die menschenunwürdige Unterbringung und Behandlung auf einem Rittergut eingesetzter Häftlinge des dort errichteten KZ-Außenlagers durch die Unternehmensverantwortlichen schließt einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen für die besatzungshoheitliche Enteignung des Gutes gem. § 1 Abs. 4 AusglLeistG aus.“
Dem liegt ein Fall zugrunde, in welchem drei Rittergüter eines Eigentümers nach dem Zweiten Weltkrieg durch die sowjetische Besatzungsmacht enteignet worden waren. Dafür hatte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Erbinnen des ursprünglichen Gutsbesitzers zunächst eine Entschädigung gem. § 1 Abs. 4 AusglLeistG zugesprochen. Späterhin nahm das Landesamt diesen Verwaltungsakt zurück und begründete diese Rücknahme mit der unmenschlichen und rechtsstaatswidrigen Behandlung von KZ-Häftlingen. Die daraufhin von den Erbinnen erhobene Klage hat das VG Potsdam (Urteil vom 08.04.2021, 1 K 6165/17) abgewiesen. In seiner Urteilsbegründung hat das VG maßgeblich darauf abgestellt, dass die KZ-Häftlinge in einem zugigen, ungeheizten ehemaligen Speicher untergebracht gewesen seien. Sie hätten trotz Fehlens angemessener Kleidung bei jedem Wetter Feld- und Verladearbeiten verrichten müssen. Als ungenügend eingestufte Arbeitsleistungen seien durch Essenentzüge bestraft worden. Deshalb sei das Landesamt zur Rücknahme des Entschädigungsbescheids berechtigt gewesen. Weil das VG gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen hat, haben die Erbinnen Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die das BVerwG nun zurückweist.
Das BVerwG verneint eine von den Klägerinnen behauptete grundsätzliche Bedeutung der Sache. Die Frage, ob es für einen Ausschluss der Entschädigungen bereits genüge, die Verletzung von Menschenrechten nicht verhindert zu haben, stelle sich gar nicht. Das VG habe für das BVerwG bindend festgestellt, dass die Unternehmensmitarbeiter sogar aktiv die gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen mitgestaltet hätten. Sie hätten sich keineswegs darauf beschränkt, bestehende Spielräume zur Verbesserung der Situation der Häftlinge ungenutzt zu lassen, sondern aktiv die vorgenannten Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen gestaltet, sich auch aktiv an dem Austausch und Rücktransport von erkrankten und den geforderten Arbeitsleistungen nicht mehr gewachsenen Häftlingen gegen gesunde Häftlinge aus dem Stammlager beteiligt.
Das BVerwG verwirft in seinem Beschluss auch die von den Klägerinnen erhobene Divergenzrüge und führt zu der weiter erhobenen Verfahrensrüge aus: Das VG habe das Verhalten der seinerzeitigen Unternehmensleitung auch nicht einseitig zu Ungunsten der Klägerinnen ausgelegt. Das gelte gerade auch für die Bitten der Unternehmensleitung um Austauschhäftlinge. Es bestünden, so das BVerwG abschließend, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Austauschbitte dem Schutz der Häftlinge dienen sollte oder die Unternehmensverantwortlichen annehmen durften, dass rückdeportierte Häftlinge im Stammlager des KZ geschont würden.