Bereits im Jahre 2000 wurde – seinerzeit noch durch die EG – die Europäische Wasserrahmenrichtlinie erlassen (RL 2000/60/EG vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, WRRL, ABL 2000 L 327, 1). Sie ist anschließend mehrfach geändert, insbesondere wegen der Fristen für ihre Umsetzung mehrfach fortgeschrieben worden. Derzeit gilt die WRRL in einer Fassung, die bis Ende 2027 anstrebt, alle Gewässer in der nunmehrigen EU in einen guten ökologischen, chemischen und mengenmäßigen Zustand zu bringen. Fachleute stimmen in der Einschätzung überein, dass dieses ambitionierte Ziel auch bis dahin nicht umsetzbar sein wird. Deshalb mehren sich die Stimmen, die die Möglichkeiten diskutieren, die Grundstücke privater Dritter für die Zwecke der WRRL notfalls auch zu enteignen. Diesem Thema widmet sich ganz aktuell ein Aufsatz von Reinhardt im Heft 11 der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ). Reinhardt untersucht hier die Möglichkeiten, durch die WRRL motivierte Enteignungen auf das Wasserhaushaltsgesetz zu stützen, kommentiert im Übrigen den Ansatz des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, das landesrechtliche Enteignungsinstrumentarium um die Möglichkeit zu ergänzen, auch für die Zwecke der Umsetzung der WRRL zu enteignen. Diese Möglichkeit hat der Landesgesetzgeber NRW eröffnen wollen, indem er § 101 Abs. 1 LWG NW dahin ergänzt hat, dass auch zum Zwecke der Erreichung der wasserwirtschaftlichen Ziele nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 5 und 6 sowie § 27 WHG Enteignungen möglich sind.
Reinhardt kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass sich „die Option der Enteignung als Instrument der beschleunigten und effektiveren Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie als wenig tauglich“ erweise. Auf bundesrechtlicher Ebene, insbesondere im WHG, existiere keine spezifisch einschlägige Enteignungsmöglichkeit. Der in NRW „unternommene avantgardistische Versuch der Schaffung einer weitgehenden Enteignungsermächtigung zur Verfolgung gewässerökologischer Zielsetzungen“ leide „nicht nur unter erheblichen handwerklichen Schwächen“ und genüge auch „nicht den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitserfordernissen“. Das Resümee von Reinhardt schließt mit der Bemerkung: „Die Wasserrahmenrichtlinie taugt somit grundsätzlich nicht zur Rechtfertigung des Zugriffs auf das private Eigentum oder gar zum Vehikel eines verspäteten Klassenkampfs“.