Das Bundesinstitut für Risikobewertung, eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt sich u.a. mit der Bewertung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf die Gesundheit von Menschen und Tieren, unterrichtet in dem Zusammenhang auch die Öffentlichkeit. Im Hause des Bundesinstituts war 2015 ein Bericht erstellt worden, der die bisherigen Erkenntnisse zur Auswirkung des Herbizids Glyphosat zusammenfasst.
Der Beklagte betreibt u.a. die Website www.fragdenstaat.de, auf welcher er regelmäßig Beiträge einstellt. Nachdem der Beklagte die klagende Bundesanstalt unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz gebeten hatte, ihm die Zusammenfassung zu überlassen, die Klägerin dieser Bitte auch nachgekommen war, stellte der Beklagte auch diese Zusammenfassung auf seiner Website zum Abruf und zum Download bereit. Daraufhin mahnte die Bundesanstalt den Beklagten ab und forderte ihn auf, die Zusammenfassung nicht länger öffentlich zugänglich zu machen. Der Beklagte änderte daraufhin seine Praxis dahin, dass er den Besuchern seiner Website die Möglichkeit eröffnet, eine Kopie der Zusammenfassung der Klägerin abzurufen, indem er seinen Nutzern jeweils eine „Fragdenstaat“-E-Mailadresse samt passwortgeschütztem E-Mailaccount zur Verfügung stellt und auf Wunsch dann die Datei mit der Zusammenfassung der Klägerin in das E-Mailpostfach des Nutzers kopiert, von welcher aus sie gespeichert und weitergeleitet werden kann. Die Bundesanstalt hat vor dem LG Köln begehrt, dem Beklagten auch diese Handhabung zu untersagen. Nachdem das LG die Klage abgewiesen hat, weist das OLG Köln mit Urteil vom 12.05.2021 (6 U 146/20) die Berufung zurück. Die beiden amtlichen Leitsätze lauten:
1. Die „Zusammenfassung“ eines umfangreichen wissenschaftlichen Bewertungsberichts einer Bundesbehörde zur Kanzerogenität des Pflanzenschutzmittels Glyphosat ist als sonstiges amtliches Werk im Sinne des § 5 II UrhG anzusehen, wenn die Behörde zur Beantwortung massenhafter Anträge gem. § 7 I, 1 IFG per Allgemeinverfügung in einem automatisierten E-Mail-Verfahren einen Lesezugang zu der „Zusammenfassung“ gewährt.
2. Die Veröffentlichung der „Zusammenfassung“ auf einer Internetseite im Zusammenhang mit einer kritischen Berichterstattung über die Rolle der Bundesbehörde im Zusammenhang mit der (Neu)Zulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat ist ausnahmsweise als Berichterstattung über Tagesereignisse im Sinne des § 50 Urhebergesetz gerechtfertigt.
Das OLG vertritt die Auffassung, dass die Handhabung des Beklagten zwar an sich mit dem Urheberrecht nicht vereinbar, jedoch nicht widerrechtlich sei. Es gehe um aktuelle Fragen und die Berichterstattung halte sich in dem durch ihren Zweck gebotenen Umfang. Sie sei verhältnismäßig und erfolge mit dem legitimen Ziel, die Öffentlichkeit über die Bewertung der Gesundheitsrisiken durch Glyphosat im Hause der Bundesanstalt aufzuklären. Die darin liegende Urheberrechtsverletzung erweise sich ausnahmsweise im Lichte der von Verfassungs wegen gewährleisteten Meinungs- und Pressefreiheit, der ein besonders hoher Rang zukomme, als berechtigt, zumal die mögliche Kanzerogenität eines weit verbreiteten Pflanzenschutzmittels in Rede steht.